Joggen bei Erkältung – Darf ich oder lieber nicht?

Laufen trotz Erkältung - Was du als Läufer bei Husten und Schnupfen unbedingt beachten solltest.

Kaum eine Frage wird in unserer ausdauerclub-Community so häufig gestellt wie diese: 

„Kann ich bei einer Erkältung noch joggen gehen?“

Gerade in der Erkältungszeit, wenn die Nase läuft und der Hals kratzt, sind viele Läuferinnen und Läufer unsicher, ob sie ihre Trainingsroutine beibehalten oder lieber pausieren sollten. Meine Antwort darauf ist meistens:

„Wenn du dir überhaupt die Frage stellst, lautet die Antwort in der Regel: Nein!“

Doch ich weiß, dass das diese flapsige Antwort stark vereinfacht ist.

Im Folgenden möchte ich die Thematik differenzierter betrachten, damit du eine fundierte Entscheidung treffen kannst. Denn nicht jede Erkältung ist gleich, und manchmal kann Bewegung sogar förderlich sein—aber eben nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Ziel dieses Artikels ist es, dir einen klaren Leitfaden zu geben, wann du besser pausieren solltest und wann ein leichtes Training in Ordnung sein kann.

Sport trotz Erkältung – warum die Frage so wichtig ist

Viele Läuferinnen und Läufer stehen bei einem Infekt vor einem Dilemma: Auf der einen Seite der Wunsch, weiter zu trainieren und keine Fortschritte zu verlieren, auf der anderen Seite die Vernunft, die sagt, dass der Körper Ruhe braucht.

Die innere Zerrissenheit: Zwischen Vernunft und Ehrgeiz

Gerade wenn man motiviert ist, regelmäßig läuft und vielleicht sogar im Training für einen Wettkampf steckt, fühlt sich eine Pause oft wie ein Rückschritt an. Die Angst, dass das Leistungsniveau spürbar sinkt, wenn man für ein bis zwei Wochen aussetzt, ist groß.

Diese Sorge ist jedoch meist unbegründet, da sich der Körper nach einer kurzen Pause in der Regel schnell wieder erholt.

Die Macht der Gewohnheit: Warum Pausen schwerfallen

Für viele ist das Laufen zudem mehr als nur Sport – es ist ein fester Bestandteil des Alltags und hilft, den Kopf freizubekommen und Stress abzubauen. Die Laufschuhe unbenutzt im Schrank stehen zu sehen, kann daher frustrierend sein. Hinzu kommt, dass Symptome wie leichte Halsschmerzen oder ein bisschen Schnupfen oft bagatellisiert werden.

Man denkt: „Ach, ist doch nichts Schlimmes. Ich gehe trotzdem joggen.“ Gerade ambitionierte Läuferinnen und Läufer lassen sich leicht von ihrem Ehrgeiz leiten.

Aber hier ist Vorsicht geboten: Das Ignorieren von Erkältungssymptomen kann langfristige Folgen haben. Wer krank trainiert, riskiert ernsthafte Komplikationen wie eine Herzmuskelentzündung.

Daher ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass eine Pause nicht das Ende der Trainingsfortschritte bedeutet, sondern vielmehr eine notwendige Erholung ist, um langfristig gesund und leistungsfähig zu bleiben.

Was passiert bei einer Erkältung im Körper?

Wenn sich eine Erkältung ankündigt, beginnt im Körper ein komplexer Abwehrprozess, der das Immunsystem stark beansprucht. Die Ursache sind meist Rhinoviren, die über Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen. 

Diese „Eindringlinge“ setzen sich in den Schleimhäuten der oberen Atemwege fest und beginnen, sich dort zu vermehren. Der Körper reagiert sofort, um diese Bedrohung abzuwehren.

Der Körper als Festung: Mobilisierung der Abwehrkräfte

Stell dir deinen Körper wie eine Festung vor, die von Viren angegriffen wird. Die Viren nutzen ihre „Tricks“, um die Verteidigungsmechanismen zu umgehen und sich zunächst in den Schleimhäuten zu vermehren.

Doch sobald das Immunsystem die Eindringlinge erkennt, mobilisiert es alle Kräfte: Es startet eine Entzündungsreaktion, bei der die Schleimhäute anschwellen und vermehrt Schleim produziert wird, um die Viren einzufangen und auszuscheiden.

Gleichzeitig werden spezielle Immunzellen, die weißen Blutkörperchen, aktiviert, die wie „Soldaten“ gegen die Viren vorgehen. Diese Zellen setzen Abwehrstoffe frei und bekämpfen die Eindringlinge direkt. Zusätzlich bildet der Körper spezifische Antikörper, die helfen, die Viren zu neutralisieren.

Symptome als Abwehrstrategie

Viele der typischen Erkältungssymptome sind direkte Folgen dieser Immunreaktion: Die verstopfte Nase und der Schnupfen entstehen durch die geschwollenen Schleimhäute und die vermehrte Schleimproduktion.

Husten dient als Schutzreflex, um Schleim und Viren aus den Atemwegen zu entfernen. Fieber ist eine weitere Strategie des Körpers—durch die erhöhte Temperatur wird das Immunsystem in die Lage versetzt, die Viren effektiver zu bekämpfen.

Diese Abwehrschlacht kostet den Körper jedoch viel Energie. Müdigkeit und Abgeschlagenheit sind die Folge, weil der Körper all seine Ressourcen in die Immunabwehr investiert. Daher ist es umso wichtiger, ihm die nötige Ruhe zu geben, damit die „Festung“ standhält und die Eindringlinge erfolgreich abwehren kann.

Joggen bei einer leichten Erkältung – Geht das?

Es ist die zentrale Frage: Kann ich mit einem leichten Schnupfen noch joggen gehen? Die Antwort darauf ist nicht immer schwarz oder weiß. Eine leichte Erkältung äußert sich unterschiedlich, und es kommt auf die genauen Symptome und den allgemeinen Gesundheitszustand an. Hier eine detaillierte Betrachtung, wann leichtes Joggen vertretbar sein kann.

Der „Neck Check“ als Entscheidungshelfer

Eine bewährte Methode, um abzuwägen, ob Joggen bei Erkältungssymptomen sinnvoll ist, ist der sogenannte „Neck Check“. Dabei unterscheidet man Symptome, die oberhalb oder unterhalb des Halses auftreten:

  • Symptome oberhalb des Halses (wie leichter Schnupfen, verstopfte Nase oder leichte Kopfschmerzen): In diesem Fall ist vorsichtiges, langsames Laufen mit Schnupfen unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
  • Symptome unterhalb des Halses (wie Husten oder Halsschmerzen, Gliederschmerzen oder Fieber): Hier sollte auf jeden Fall eine Trainingspause eingelegt werden, da diese Anzeichen auf eine stärkere Belastung des Körpers hindeuten und das Immunsystem bereits voll ausgelastet ist. Das gilt natürlich insbesondere bei einer Grippe.

Tipps für leichtes Joggen bei leichten Symptomen

Wenn du nur mit einem leichten Schnupfen erkältet bist und dich ansonsten fit fühlst, gibt es Möglichkeiten, die Intensität des Trainings so anzupassen, dass du deinen Körper nicht überforderst:

  • Langsamer laufen: Reduziere deine Geschwindigkeit deutlich und bleibe im Bereich des lockeren Dauerlaufs, bei dem du dich noch problemlos unterhalten könntest.
  • Strecke verkürzen: Wähle eine kürzere Route, etwa 50-60% deiner normalen Distanz, um die Belastung gering zu halten.
  • Atmung kontrollieren: Atme durch die Nase, um die Luft zu erwärmen und zu filtern. Das schont die Atemwege und reduziert das Risiko einer Verschlimmerung der Symptome.

Beispiele für leichtes Training können ein langsamer Dauerlauf von 20 bis 30 Minuten oder ein Intervall-Spaziergang sein, bei dem du 3 Minuten zügig gehst und dann 1 Minute leicht joggst. Wichtig ist, dass du stets auf deinen Körper hörst und das Training sofort abbrichst, wenn du dich unwohl fühlst. Ein Spaziergang an der frischen Luft ist oft die bessere Wahl.

Es gilt immer: Wenn du dir unsicher bist, ist eine Pause die bessere Wahl. Deine Gesundheit hat Vorrang, und eine vollständige Genesung sollte immer das Ziel sein. Es ist besser, eine kurze Trainingspause einzulegen, als das Risiko einzugehen, die Erkältung zu verschleppen.

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Laufen trotz Erkältung - Was du als Läufer bei Husten und Schnupfen unbedingt beachten solltest.

Die Risiken: Warum du im Zweifel besser pausieren solltest

Das Training trotz Erkältung kann schwerwiegende Folgen haben, die vielen Läuferinnen und Läufern nicht bewusst sind. Es ist daher entscheidend, die möglichen Risiken zu kennen und im Zweifel lieber eine Pause einzulegen, um ernsthafte gesundheitliche Schäden zu vermeiden.

Herzmuskelentzündung – Wenn das Herz leidet

Eine der gefährlichsten Komplikationen ist die Herzmuskelentzündung (Myokarditis). Diese kann auftreten, wenn die Viren einer Erkältung auf den Herzmuskel übergreifen.

Oft sind die Symptome unspezifisch und werden leicht übersehen: Anhaltende Müdigkeit, Atemnot, unregelmäßiger Herzschlag oder sogar leichte Brustschmerzen können Anzeichen dafür sein, dass das Herz bereits betroffen ist. Im schlimmsten Fall führt eine unerkannte Myokarditis zu chronischer Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen oder sogar zum plötzlichen Herztod.

Stell dir deinen Körper wie einen überhitzten Motor vor, der bereits auf Hochtouren läuft, um die Viren zu bekämpfen. Wenn du jetzt zusätzlich trainierst, erhöhst du die Belastung weiter und riskierst, dass der „Motor“ ernsthaft beschädigt wird.

Der Körper braucht jetzt alle verfügbaren Ressourcen, um die Infektion abzuwehren und die „Temperatur“ zu senken – zusätzliche Anstrengung verstärkt nur die Gefahr einer Überhitzung.

Verschleppung der Erkrankung – Der Teufelskreis

Wenn du trotz Erkältung laufen gehst, kann sich der Krankheitsverlauf verlängern oder verschlimmern. Die Erreger haben dann die Chance, sich weiter im Körper auszubreiten, da das Immunsystem durch die zusätzliche körperliche Belastung geschwächt wird.

Das Risiko, dass aus einer leichten Erkältung eine ernstere Erkrankung wie eine Lungen- oder Nierenentzündung entsteht, ist nicht zu unterschätzen.

Wiedereinstieg nach der Erkältung: So gehst du es an

Nach einem grippalen Infekt ist es wichtig, deinem Körper genügend Zeit zu geben, um sich vollständig zu erholen, bevor du wieder ins Training einsteigst. Um dir den Wiedereinstieg zu erleichtern und Risiken zu minimieren, findest du hier eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, die dir zeigt, wie du sicher und effektiv wieder loslegen kannst.

Vollständige Genesung abwarten

Der erste Schritt ist Geduld. Alle Symptome der Erkältung müssen komplett abgeklungen sein, bevor du ans Laufen denkst. Besonders für diejenigen, die moderne Sportuhren nutzen, kann es hilfreich sein, den Ruhepuls und die Herzratenvariabilität (HRV) im Blick zu behalten.

Beide Werte sollten sich wieder im Normalbereich befinden, bevor du startest. Plane außerdem lieber zwei bis drei symptomfreie Tage zusätzlich ein, um sicherzustellen, dass dein Körper wirklich bereit ist.

Langsamer Beginn (Woche 1)

In der ersten Woche nach der Pause heißt es: langsam und vorsichtig starten. Setze auf Grundlagenausdauertraining (Zone-2-Training) mit reduzierter Intensität und Umfang. Das bedeutet: langsame, lockere Läufe ohne Tempodruck. Achte dabei genau auf deine Körpersignale: Fühlst du dich unwohl oder bemerkst du, dass dir die Belastung noch schwerfällt, brich die Einheit lieber ab.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich erst letztens selbst zu früh ins Training eingestiegen bin. Ich fühlte mich eigentlich wieder fit, hatte aber noch einen leichten Husten. Trotzdem wollte ich laufen gehen. Nach nur wenigen hundert Metern habe ich jedoch gemerkt, dass die Belastung zu viel war—der Husten wurde schlimmer, und ich fühlte mich plötzlich richtig unfit.

Zum Glück war ich in dem Moment vernünftig und habe das Training abgebrochen. Ich gönnte meinem Körper danach noch ein paar Tage Ruhe, und beim nächsten Versuch lief es viel besser.

Steigerung (Woche 2)

In der zweiten Woche kannst du langsam anfangen, Umfang und Intensität vorsichtig zu steigern. Wichtig ist, dass du dir Zeit lässt und nicht sofort zu deinem normalen Trainingspensum zurückkehrst.

Kurze Schnelligkeitsreize sind in Ordnung, aber achte darauf, weiterhin ausreichend Regeneration einzuplanen. Dein Körper ist zwar auf dem Weg der Besserung, aber er braucht noch Zeit, um sich vollständig zu stabilisieren.

Rückkehr zur Normalität (ab Woche 3)

Wenn du dich in den ersten zwei Wochen gut gefühlt hast und keine Rückschläge hattest, kannst du ab der dritten Woche langsam zum gewohnten Trainingspensum zurückkehren. Beobachte weiterhin deinen Körper und sei aufmerksam: Sollte sich etwas nicht gut anfühlen, nimm dir lieber noch etwas mehr Zeit.

Faustregel: Mindestens eine Woche Zone-2-Training und insgesamt zwei bis drei Wochen für die vollständige Rückkehr ins normale Training einplanen. Bei Unsicherheiten gilt: Lieber eine Woche länger vorsichtig trainieren, als zu früh wieder voll durchzustarten.

So kannst du sicherstellen, dass du gesund und leistungsfähig zurückkehrst, ohne deinen Körper unnötig zu belasten.

Fazit: Gesundheit geht vor – die richtige Balance finden

Ich weiß, wie schwer es fällt, sich von ambitionierten Trainingszielen und der eigenen Motivation zu lösen. Doch wenn es um Erkältungen geht, ist es entscheidend, einen Moment innezuhalten und die langfristige Perspektive zu betrachten. Deine Gesundheit sollte immer an erster Stelle stehen, denn sie ist die Grundlage für alle sportlichen Erfolge.

Eine kurze Trainingspause mag sich wie ein Rückschritt anfühlen, doch in Wahrheit ist sie eine Investition in deine Zukunft. Ein zu früher Wiedereinstieg oder das Ignorieren von Symptomen einer Erkältung kann nicht nur deinen aktuellen Fortschritt gefährden, sondern auch zu langfristigen gesundheitlichen Schäden führen. Jeder Tag, den du deiner vollständigen Genesung widmest, ist ein Schritt in Richtung langfristiger Stabilität und Leistungsfähigkeit.

Denke daran: „Pausen sind kein Rückschritt—sie sind oft ein Schritt in die richtige Richtung.“ Nutze diese Zeit bewusst, um deinem Körper die nötige Regeneration zu gönnen.

Bleib geduldig, bleib positiv und vor allem: Bleib gesund. Deine nächste große Laufleistung wartet auf dich—nach einer wohlverdienten Erholungsphase.


Über den Autor: Torsten Pretzsch

Torsten Pretzsch vom ausdauerclub

Torsten hat eine Reise vom Couchpotato zu einem engagiertem Lauftrainer hinter sich. Er kennt den Kampf mit dem inneren Schweinehund und nutzt diese Einblicke, um unsere Mitglieder dabei zu unterstützen, ihre eigenen Herausforderungen zu meistern.

Seine Leidenschaft, anderen ein fitteres Leben zu ermöglichen, führte zur Gründung des ausdauerblog im Jahr 2015, aus dem später der ausdauerclub hervorging.

Mit dem ausdauerclub möchte Torsten seine Vision verwirklichen, über 50.000 Menschen dauerhaft zum Laufen zu bringen.

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