Jogging ist dir zu anstrengend und Nordic Walking zu öde? Dann ist die heutige Sportart eventuell genau das Richtige für dich. Wir klären über den Lauftrend aus Japan auf, zeigen Vorteile aber auch Nachteile auf und ziehen ein Fazit. Schon mal was von Slow Jogging gehört?
Was ist Slow Jogging?
Slow-Jogging ist ein Fitnesstrend aus Japan, den der Sportphysiologe Prof. Dr. Hiroaki Tanaka von der Universität Fukuoka erfunden hat. Wer es in Laufschuhen eher ruhiger angehen will, wird früher oder später darüber stolpern.
Denn tatsächlich hat sich rund um das Thema eine Slow Jogging Community etabliert, die mittlerweile auf dem ganzen Globus verbreitet ist und in den letzten Jahren auch immer mehr Anhänger im deutschsprachigen Raum bekommt.
Prof. Dr. Hiroaki Tanaka, der 2018 verstorben ist, hat Slowjogging über viele Jahrzehnte entwickelt. Rausgekommen ist eine besondere Form der Lauftechnik, die gelenkschonend ist und als gesund und angenehm gilt.
So funktioniert Slow Jogging
Der Fitnesstrend aus Japan ist eine Mischung aus Jogging und Walking und in Zeiten von Achtsamkeit und Entschleunigung trifft das sehr gut den Zeitgeist.
Dieses Werbevideo der internationalen Slow Jogging Association mit Prof. Tanaka ist die Anleitung zum Slow Joggen:
Besonders betont wird immer der gesundheitliche Vorteil. Doch dieser trifft auf jede Form von Herz-Kreislauf-Training zu und ist kein exklusiver Vorteil von Slow Jogging. Da sollte man sich auch nicht durch die Studien blenden lassen.
Welche Vorteile hat Slow Jogging und was ist der Unterschied zum normalen Joggen?
Es ist nicht zwangsweise das Tempo, das den Unterschied zum Laufen macht. Der Hauptunterschied sind die kleinen kurzen Schritte, die man als Slow Jogger macht und die dafür sorgen, dass du immer mit dem Mittelfuß aufkommst.
Die Schrittfrequenz ist viel höher als beim „normalen“ Jogging. Als ideal werden 180 Schritte pro Minute angegeben, was richtig viel ist. Normale Läufer sind in der Regel im Bereich von 150 bis 160 Schritten unterwegs. Dafür erzeugst du beim Slow Jogging kaum Vortrieb. Du stößt dich nicht nach vorne ab.
Achte auf die richtige Lauftechnik
Beim Jogging sorgen moderne Laufschuhe dafür, dass dein Laufstil, also die Art, wie deine Füße auf dem Boden aufkommen, nicht entscheidend ist. Mittelfuß mag das Optimum sein, aber du kannst auch problemlos mit den Fersen zuerst aufkommen. Barfuß würde das kein Mensch tun.
Deshalb ist es wichtig, auf Laufschuhe mit einer geringen Sprengung zu achten. Sprengung nennt man den Unterschied zwischen Ferse und Schuhspitze.
Der Laufstil: Aufrecht, lächelnd und schonend für die Gelenke
Dein Rücken ist beim Slow Jogging senkrecht und aufrecht, so dass dein Blick weit nach vorn geht, während du beim normalen Joggen zwar auch mit aufrechtem Körper läufst, aber mit leichter nach vorne gebeugter Haltung.
Ein weiteres Merkmal ist das bewusste langsam laufen. In Japan sagt man dazu „Niko Niko“ Pace. Niko Niko heißt übersetzt so viel wie Lächeln. Du sollst beim Slow Jogging in der Lage sein, dich zu unterhalten und kommst so nicht außer Atem.
Was ist der Unterschied zum Nordic Walking?
Auch beim Unterschied zum Walking sei als erstes die Schrittfrequenz genannt. Die kurzen Schritte mit wenig Vortrieb sorgen für mehr Bewegung bei ähnlichem Tempo wie beim Walking.
Wenn du nicht Nordic Walking (also das Gehen mit Stöcken) betreibst, ist der Armeinsatz beim Walking geringer als beim Slow Joggen. Der aufrechte Körper und der Blick nach vorn sind allerdings identisch und in der Regel gibt es auch wegen der kurzen Schritte keine Geschwindigkeitsunterschiede.
Wie viele Kalorien verbrennst du beim Slow Jogging im Vergleich zum normalen Jogging?
Eines der Hauptargumente für das bewusst langsames Jogging ist für viele Jogger das Abnehmen. Auch wenn der Fettverbrennungspuls ein Mythos ist, führt ein geringer Puls für ein höheres Durchhaltevermögen und damit letztlich dafür, dass du mehr Kalorien verbrennst.
Slow Joggen rühmt sich, doppelt so viele Kalorien wie beim Walken und in etwa gleich so viele Kalorien wie beim Joggen zu verbrennen. Es kann also die ideale Sportart sein, um dein Abnehmen durch Bewegung zu unterstützen.
Allerdings muss man dafür trotzdem längere Strecken unterwegs sein und dafür wiederum benötigt man eine gute Ausdauer, die sich erst entwickeln muss. Wer Abnehmen will, sollte das in erster Linie in der Küche tun und den Sport nur als Ergänzung sehen.
Muskulär werden beim Slow-Jogging vor allem Gesäß- und Oberschenkelmuskeln belastet.
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Mein Fazit – langsam laufen ja, aber…
Klingt doch eigentlich wunderbar, oder? Es gibt aber noch eine Kehrseite der Medaille. Zum einen ist die Methode eine Technik, die du erst trainieren musst. Unserer natürlichen Laufbewegung, wie wir sie als Kinder in die Wiege gelegt bekommen haben, entspricht das meiner Erfahrung nach nicht.
Und das ist in meinen Augen die größte Kritik. Es ist weder Jogging noch (Nordic)-Walking, nicht Fisch nicht Fleisch, sondern irgendwas dazwischen. Erfahrungsgemäß ist es aber so, dass ein Großteil der Slow Jogger, die wirklich dauerhaft dranbleiben, ziemlich bald mit dieser Methode an ihre Grenzen kommen.
Denn selbst wenn du ein höheres Tempo wolltest, wirst du das mit dieser Technik kaum schaffen. Und wenn, dann nur mit einer (unnatürlich) hohen Schrittfrequenz. Und auch wenn die International Slow Jogging Association damit wirbt, dass man auch mit diesem Training Marathon Wettkämpfe als Ziel haben kann, so werden das die wenigsten wollen.
Slow Jogging mag effizient sein, aber effektiv ist es deshalb noch lange nicht.
Hast du gesundheitliche Gründe, die gegen Laufen sprechen, so ist Nordic Walking eine lohnenswerte Alternative. Oder du profitierst von den vielen Vorteilen, die dir das stark unterschätzte Wandern bietet.
Warum du langsam laufen sollst
Langsam zu laufen ist wichtig und richtig, um die Grundlagenausdauer aufzubauen und dadurch mehr joggen zu können. Doch dazu bedarf es keiner besonderen Lauftechnik, sondern eines ganzheitlich optimierten Trainings. Es ist wichtig, deinen Körper nicht nur durch Laufen zu trainieren.
Tust du deinen Muskeln Gutes, wirst du auch ein besserer Läufer und bleibst vor allem auch verletzungsfrei. Und das auch ganz ohne einen dieser neuen Trends. Denn seien wir mal ehrlich, kleine Trippelschritte sind keine natürliche Laufbewegung.
Trainierst du deine Ausdauer und deine Muskeln, wirst du gerade als Laufeinsteiger auch deine Geschwindigkeit verbessern, und zwar ohne besonders explizit dafür trainieren zu müssen.
Was die bessere Alternative für Anfänger ist
In unserem Laufeinsteiger-Kurs „Von 0 auf 5 Kilometer in 8 Wochen“ gehen wir einen anderen Weg. Statt eine besondere Lauftechnik einzusetzen, setzen wir zum Start auf einen Trainingsplan mit Laufen und Gehen im Wechsel. Das heißt, du läufst eine Zeit und gehst danach ein Stück. Auf diese Art und Weise steigerst du deine Ausdauer, ohne dich zu überfordern.
Klar steigt dein Puls in den Laufschnitten an, aber das ist kein Nachteil. Im Gegenteil, man darf sich auch ab und zu einmal fordern. Diese bewährte Mischung aus Fordern ohne zu überfordern wird dir auf Dauer einen deutlich positiveren Effekt zeigen, als du es mit einem Trend erreichen kannst.
Wenn das interessant für dich klingt, dann starte direkt mit dem Buch & der App zum Kurs durch.
Über den Autor: Torsten Pretzsch
Torsten hat eine Reise vom Couchpotato zu einem engagiertem Lauftrainer hinter sich. Er kennt den Kampf mit dem inneren Schweinehund und nutzt diese Einblicke, um unsere Mitglieder dabei zu unterstützen, ihre eigenen Herausforderungen zu meistern.
Seine Leidenschaft, anderen ein fitteres Leben zu ermöglichen, führte zur Gründung des ausdauerblog im Jahr 2015, aus dem später der ausdauerclub hervorging.
Mit dem ausdauerclub möchte Torsten seine Vision verwirklichen, über 50.000 Menschen dauerhaft zum Laufen zu bringen.