Wenn es um Athletiktraining geht, machen viele Läufer das, was sie am besten können.
Sie rennen davon! 😉
Gehörst du auch zu der Fraktion der Wegläufer? Dann solltest du diesen Artikel hier besonders aufmerksam lesen. Es reicht einfach nicht aus, nur deine Ausdauer zu trainieren.
Ein ausgewogenes und funktionelles Athletiktraining ist die beste Verletzungsprophylaxe für alle Sportler. Und da statistisch gesehen ungefähr die Hälfte aller Läuferinnen und Läufer einmal im Jahr verletzt sind, ist das ein Thema, was alle angeht.
Was gehört alles zum Athletiktraining?
In Läuferkreisen wird Krafttraining oft mit Stabitraining gleichgesetzt. Das ist aber nur bedingt richtig. Noch weniger richtig ist es, wenn man Stabitraining mit Athletiktraining gleichsetzt.
Athletiktraining umfasst die Elemente Kraft, Stabilität und Beweglichkeit.
Es enthält also sowohl die typischen Stabiübungen, wie Unterarmstütz oder Seitstütz, als auch reine kräftigende Elemente, wie Liegestütz, Kniebeuge oder Situps. Das ganze mündet dann in ein lauftypisches Athletiktraining, wie es zum Beispiel das Lauf-ABC darstellt und wird schließlich ergänzt durch regelmäßiges Dehnen und Mobilitätsübungen.
Ganz schön viele Elemente, oder?
Genau das ist der Grund, warum es gerne vernachlässigt wird. Es ist viel komplexer als das Laufen selbst. Trotzdem kein Grund, es zu vernachlässigen, denn die Vorteile liegen klar auf der Hand.
Richtig eingesetzt, stärkt Athletiktraining deine Fitness, beugt vielen typischen Läuferverletzungen vor, hilft dir bei typischen Alltagsbeschwerden, wie Rücken- oder Hüftleiden, und schließlich steigert es sogar deine Leistungsfähigkeit, ohne dass du mehr laufen musst.
Genug Argumente für das Athletiktraining, oder?
Achja – apropos Argumente. „Ich möchte keine dicken Muskeln aufbauen.“ ist kein Argument gegen das Athletiktraining. Denn das ist gar nicht das Ziel (und auch bei den typischen Athletikprogrammen gar nicht möglich).
Aber ein paar straffere Konturen oder – besonders bei den Frauen – als Beispiel die Verhinderung des typischen Winkearms sind nett, oder?
Keine Zeit für Verletzungsprävention?
Trotz aller Vorteile werden Athletiktrainings von sehr sehr vielen Läufern sträflich vernachlässigt. Ich war da lange Zeit gar keine Ausnahme – ganz im Gegenteil. Zwar versuchte ich wenigstens einmal in der Woche etwas für meinen Körper zu tun, aber oft – naja eher regelmäßig – fiel das der mangelnden Disziplin zum Opfer.
Das Hauptargument „keine Zeit“, welches man oft in Verbindung mit dem Athletiktraining hört, ist da nicht die Ursache. Schließlich sind 20–30 Minuten völlig ausreichend und damit ist es viel kürzer als Ausdauertraining.
Bei mir ist es schlicht und einfach die Lust, die mir dazu fehlt. Der Spaß an der Sache war nicht vorhanden, ich sah keine Fortschritte und ich habe das Glück, durch eine gute Genetik (und klugem Training) von Verletzungen und Wehwehchen verschont zu bleiben.
Also wozu das Ganze, meint mein Schweinehund? Der Verstand in mir sagt dagegen: „Weil es eine Investition in die Zukunft ist und ich auch noch in 20 oder 30 Jahren noch sportlich aktiv bleiben möchte.“ Und mittlerweile kurz vor der 50 muss ich dem Argument mehr Recht geben. Mittlerweile gehört es zum Training dazu und auch wenn ich die Ergebnisse rein optisch wohl nie sehen werde (geht in einem bestimmten Alter auch kaum noch, so merke ich doch deutlich, dass ich belastbarer geworden bin und so vielleicht auch den Alterungsprozess ein wenig stoppen kann.
Element der Athletik #1: Die Kraft
Wenn du an Krafttraining denkst, hast du sofort muskelbepackte Bodybuilder vor Augen, die schwere Gewichte stemmen. Nicht unbedingt die Vorstellung, wie man als Läufer ausschauen will.
Schlank und athletisch statt dicke Arme und Schultern – so sieht der ideale Läufer aus. Aber keine Angst, nur weil du regelmäßig Traininsg zur Stärkung deiner Muskulatur durchführst, wachsen dir nicht automatisch Muskelberge.
Es macht einen Unterschied, ob du Maximalkraft, Kraftausdauer oder die Schnellkraft trainierst. Maximalkraft ist das, was die Bodybuilder trainieren. Schnellkraft brauchen in erster Linie Sprinter oder auch Sportarten wie zum Beispiel Fußball. Kraftausdauer ist dagegen die Fähigkeit, deinen Körper kraftvoll zu bewegen und der aufkommenden Muskelmüdigkeit zu widerstehen. Genau das, was man als Läufer haben will.
Wenn du jetzt denkst, dass beim Krafttraining vor allem die Beine trainiert werden sollten, täuschst du dich. Zum einen ist es sehr wichtig, die Körpermitte (Bauch, Rücken, Hüfte, Po – der gesamte Rumpf eben) zu kräftigen und zum anderen werden auch Schultern und Arme zum Vortrieb gebraucht.
Läufer, deren Schulter- und Nackenmuskulatur wenig ausgeprägt ist, neigen bei längerer Anstrengung dazu, in sich zusammen zu sacken. Hängende Schultern führen dann vor allem zu Verspannungen und unschönen Schmerzen. Läufer deren Rumpfmuskulatur zu wenig ausgeprägt ist, bekommen früher oder später Hüftprobleme und auch die meisten Knieschmerzen sind eher auf mangelnde Muskulatur in der Körpermitte zurück zu führen.
Übrigens musst du für ein Krafttraining nicht ins Fitnessstudio gehen und brauchst auch keine Geräte. Ich empfehle stattdessen Übungen mit dem eigenen Körpergewicht. Damit trainierst du nicht nur isoliert einzelne Muskelgruppen, sondern auch tieferliegende Muskeln und die Haltemuskulatur, die wir im Element #3 betrachten.
Element der Athletik #2: Die Beweglichkeit
Kannst du mit deinen Fingerspitzen bei durchgedrückten Knien deine Füße berühren? Probiert es mal aus. Aber nicht frustriert sein, wenn es nicht klappt. Die wenigsten Menschen können das.
Oder anderer Test – kannst du dir hinter deinem Rücken die Hand geben? Oder zumindest die Fingerspitzen sich berühren lassen. Und das auf beiden Seiten? Wenn du bei einer der beiden oder gar bei beiden Übungen Defizite entdeckt hast, darfst du etwas für deine Beweglichkeit tun.
Verspannungen und Dysbalancen sind übrigens selten die Folge von zu viel oder „falscher“ Bewegung, sondern davon, weil wir uns zu wenig bewegen. Oder sitzt du nicht den Großteil des Tages auf deinen vier Buchstaben? Ob im Büro, im Auto oder auf der Couch?!
Gute Beweglichkeit und Koordination sorgt nicht nur für einen dynamischen Laufstil, sondern beugt auch Fehlstellungen und Verspannungen vor. Und je älter du wirst, um so wichtiger sind Übungen, die die Beweglichkeit deines Bewegungsapparates steigern.
Stretching und Yoga – so steigerst du deine Beweglichkeit
Dehnübungen sind dennoch umstritten. Die einen sagen, es bringe Läufern nichts und die anderen meinen ohne geht es nicht. Wissenschaftlich nachgewiesen ist tatsächlich nur, dass Dehnen deine Beweglichkeit verbessert. Als alleinige Verletzungsprophylaxe taugt es dagegen nicht.
Ich finde trotzdem, dass (dynamische) Dehnen Sinn macht, aber – genau wie die anderen beiden Elemente – nur im Verbund funktioniert. Nach größeren Belastungen reduzieren Dehnübungen einen möglichen Muskelkater. Allerdings haben ganz langsame lockere Läufe oder – noch besser – einen ähnlichen Effekt. Auch beugt regelmäßiges Dehnen Muskelverkürzungen vor, von denen besonders Ausdauersportler mit monotonen Bewegungen betroffen sind.
Wie erwähnt – am besten funktioniert Dehnen im Verbund als gute Mischung aus Kraft- und Dehnübungen. Ideal zum Beispiel beim Yoga. Überhaupt ist es ein Mythos, dass man sich direkt nach dem lauf dehnen soll. Und noch viel weniger sinnvoll ist es, sich vorher ausgiebig zu dehnen.
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Element der Athletik #3: Die Stabilität
Ein weiteres sehr wichtige Fähigkeit auch für Läufer ist die Stabilität. Du läufst viel mehr aus deiner Körpermitte, als du denkst. Ein aufrechter Gang und angespannte Muskeln in der Körpermitte machen dich zu einem besseren Läufer.
Ein Aspekt, den vor allem viele Laufanfänger zu stark vernachlässigen. Hüft- und Knieprobleme sind die Folge. Nur mit einer starken Körpermitte und einer ausreichenden Stabilität in deinem Körper kannst du verletzungsfrei über einen längeren Zeitraum trainieren.
Ein weiteres typisches Problem bei fehlender Stabilität ist auch häufiges Umknicken. Ich war da selbst jahrelang ein Kandidat, dem das immer wieder passiert ist. Um das zu ändern, habe ich nicht ein langwieriges und umfassendes Training absolviert, sondern mir ein Balance Board* angeschafft.
Auf diesem putze ich nun seit Jahren täglich die Zähne. Anfangs wacklig, mit zwei Füßen und am Waschbecken festhaltend, stehe ich heute einbeinig darauf und absolviere kleine Übungen. Einfach, effektiv und wirkungsvoll.
Um deine stabilisierende Muskulatur zu trainieren, braucht es oft gar keine Bewegung. Super Übungen sind eher statische Übungen wie Seitstütz, Unterarmstütz oder Wandsitzen. Schaut jeweils recht einfach aus, ist es aber nicht, wie du sicher feststellen wirst.
In deinem Gehirn kommen die Elemente gezielt zusammen
Die stabilisierenden Bewegungen gepaart mit Kraft und Beweglichkeit führen zu einer besseren Koordination. Diese findet in deinem Gehirn statt. Das Gehirnjogging verknüpft die Elemente und sorgt für ein effizientes Ansprechen deiner Muskulatur.
Deine Bewegungen werden flüssiger und du wirst schneller, was wiederum die Motivation steigert. Übungen für deinen Gleichgewichtssinn und das berühmte Lauf-ABC sind hierfür ideal.
Zirkeltraining – die Elemente des Athletiktraining kombiniert
Jeder Mensch hat andere Voraussetzung, daher ist Krafttraining noch mehr als das Lauftraining eine sehr individuelle Sache. „One-Size-fits-all“ funktioniert hier nur sehr bedingt, trotzdem möchte ich dir ein Praxisbeispiel an die Hand geben, wie du dein Training gestalten kannst. Dieses Beispiel ist gut geeignet, wenn du schon mindestens 2–3 Monate regelmäßig trainierst.
Ich empfehle, dein Athletiktraining als Zirkeltraining zu absolvieren. Beginnen solltest du mit einer 5–15 minütigen Aufwärmphase. Entweder gehst du dafür raus und läufst eine kleine lockere Runde oder du machst verschiedene Übungen im heimischen Wohnzimmer.
Im Kraftteil trainierst du dann insgesamt 8 Übungen mit den vier Schwerpunkten Bein, Rumpf, Rücken und Brust/Schultermuskulatur. Jede Übung führst du für 30-45 Sekunden aus, gefolgt von einer ebenso langen Pause. Aber ACHTUNG – Ausführung geht immer vor Schnelligkeit!
- Plank
- Seitstütz
- Supermann
- Wandsitzen
- Ausfallschritt
- Liegestütz (alternativ auf Knien)
- Vierfüßlerstand
- T Liegestütz
Zum Schluss noch 5 Minuten ein paar Mobility-Übungen oder ein paar Yoagelemente und fertig ist dein Athletiktraining, welches du idealerweise 1-2x pro Woche in deinem Trainingsplan einbaust.
Na dann – du bist gefragt. Warum nicht direkt loslegen?
Übrigens sind diese Bestandteile natürlich auch in unserem ganzheitlichen Training im ausdauerclub integriert, und zwar so, dass du sie einfach umsetzen kannst und keine Vorkenntnis brauchst. Neugierig? Dann schau vorbei!
Über den Autor: Torsten Pretzsch
Torsten hat eine Reise vom Couchpotato zu einem engagiertem Lauftrainer hinter sich. Er kennt den Kampf mit dem inneren Schweinehund und nutzt diese Einblicke, um unsere Mitglieder dabei zu unterstützen, ihre eigenen Herausforderungen zu meistern.
Seine Leidenschaft, anderen ein fitteres Leben zu ermöglichen, führte zur Gründung des ausdauerblog im Jahr 2015, aus dem später der ausdauerclub hervorging.
Mit dem ausdauerclub möchte Torsten seine Vision verwirklichen, über 50.000 Menschen dauerhaft zum Laufen zu bringen.