Ein hungriger Bauch hat keine Ohren. (Sprichwort)
Ich liebe Ausdauersport, aber ich habe ein Problem! Und wie öfter bei mir hat es mit der Ernährung zu tun. Sobald ich ein intensives Ausdauertraining, vor allem direkt im Anschluss an einem Büroarbeitstag absolviere, passiert es mir direkt danach – der Heißhunger nach Sport kommt.
Und zwar gewaltig. Nicht selten endet das Workout dann damit, dass auf unerklärlicherweise eine Tafel Schokolade plötzlich in meinem Mund landet. Doch nicht nur Schokolade oder wahlweise Gummibären ereilt dieses Schicksal. Es kann durchaus vorkommen, dass auch Deftiges meinem Heißhunger zum Opfer fällt. Oder ich lande an der Tankstelle mit integrierten Bäcker und vernichte eine Schinkenkäsebrezel.
Alles nicht wirklich sportgerechte Ernährung und vor allem genau das, was am Ende auf der Waage und der Hüfte landet, trotz stundenlangem Sport.
Lange Zeit dachte ich, dass ich mit meinem Problem ziemlich allein da stehe und das einfach mit meiner mangelnden Selbstdisziplin zu tun hat. Aber so einfach ist es dann wohl doch nicht.
Als ich vor einiger Zeit die Schwarmintelligenz unserer Community mit diesem Problem konfrontierte, bekam ich nicht nur dutzendweise Tipps, sondern es meldeten sich nicht wenige, denen es haargenau so geht.
Grund genug, der Sache mal auf den Grund zu gehen.
Warum bekommen wir überhaupt Heißhunger nach Sport?
Warum fühlen wir uns nach dem Sport oft so hungrig, dass wir am liebsten alles Essbare in Reichweite verschlingen würden? Die Antwort darauf ist ein faszinierendes Zusammenspiel aus körperlicher Aktivität, physiologischen Prozessen und den Eigenheiten unseres modernen Lebensstils.
Energieverbrauch und Stoffwechsel beim Sport
Zunächst ist da der offensichtliche Energieverbrauch. Während einer Trainingseinheit verbrennt unser Körper Kalorien, um die Muskeln mit der nötigen Energie zu versorgen. Diese Energie stammt aus unseren Glykogenspeichern, die aus den Kohlenhydraten in unserer Nahrung aufgebaut werden.
Nach dem Sport sind diese Speicher teilweise oder ganz geleert, und unser Körper signalisiert uns, dass es Zeit ist, diese Reserven wieder aufzufüllen. Der Stoffwechsel, also die Art und Weise, wie unser Körper Energie erzeugt und verbraucht, spielt hierbei eine zentrale Rolle. Er bestimmt, wie schnell wir die verbrauchte Energie wieder auffüllen müssen.
Die Rolle der Ernährung vor dem Training
Nicht zu vernachlässigen ist auch unsere Ernährung vor dem Sport. Hochverarbeitete Lebensmittel und einfache Kohlenhydrate können unseren Blutzuckerspiegel schnell in die Höhe treiben, gefolgt von einem ebenso schnellen Abfall. Dieser rasche Wechsel kann unser Hungergefühl verstärken.
Eine ausgewogene Ernährung, reich an komplexen Kohlenhydraten und Proteinen, kann hingegen den Blutzuckerspiegel stabilisieren und so Heißhungerattacken vorbeugen.
Stress und sein Einfluss
Positiver wie negativer Stress ist ein weiterer, nicht zu unterschätzender Faktor. Er erhöht den Energiebedarf unseres Körpers, insbesondere des Gehirns, das unter Belastung bis zu 25 % der Energie verbraucht.
Diese zusätzliche Nachfrage kann unser Hungergefühl weiter verstärken. Etwas, was man gerade beim Training nach einem intensiven Bürotag merkt.
Hormone steuern das Hungergefühl
Schließlich spielen Hormone eine Rolle bei der Regulation von Hunger und Sättigungsgefühl, insbesondere nach dem Sport. Untersuchungen*1 zeigen, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt: Bei Männern neigt der Körper dazu, nach dem Sport das Hungergefühl zu dämpfen, wenn die Energiebilanz durch angepasste Nahrungsaufnahme ausgeglichen ist.
Bei Frauen hingegen kann die sportliche Betätigung die Konzentration von Ghrelin, dem Hungerhormon, erhöhen und so das Verlangen nach Nahrung verstärken, unabhängig von der aktuellen Energiebilanz. Diese hormonelle Reaktion ist Teil eines komplexen Systems, das darauf ausgerichtet ist, den Energiehaushalt des Körpers zu regulieren.
Der Hypothalamus: Das Steuerzentrum von Appetit und Hunger
Im Zentrum all dieser Prozesse steht der Hypothalamus, ein Teil des Zwischenhirns, der unseren Hunger reguliert. Bei sinkendem Blutzuckerspiegel schaltet er auf den Überlebensmodus um und löst Heißhungerattacken aus.
In der Steinzeit sicherte dieser Mechanismus unser Überleben, indem er uns dazu antrieb, Nahrung zu suchen, wenn sie knapp war. In der heutigen Zeit, in der Nahrung im Überfluss vorhanden ist, kann dieser Instinkt jedoch zu Überernährung und damit verbundenen Zivilisationskrankheiten führen.
Das alles zeigt, dass unser Heißhunger nach dem Sport nicht bloß eine Laune des Körpers ist, sondern das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels verschiedener Faktoren – von der unmittelbaren Reaktion unseres Stoffwechsels auf körperliche Anstrengung über die Auswirkungen unserer Ernährungsgewohnheiten und Stresslevels bis hin zu tief verwurzelten physiologischen Mechanismen, die von unserem Gehirn gesteuert werden.
Die Lösungen – das hilft Heißhunger nach dem Sport zu vermeiden
Dieses Gefühl, das dich direkt zum nächsten Snack greifen lässt, kann frustrierend sein, besonders wenn du bemüht bist, gesund zu leben und vielleicht sogar abzunehmen.
Glücklicherweise gibt es wirksame Strategien, um diesen Heißhunger zum Großteil zu vermeiden. Im Folgenden stelle ich dir einige bewährte Methoden vor, mit denen du dem Verlangen nach ungesunden Snacks mit vielen Kalorien nach intensiven Training erfolgreich widerstehen kannst.
Der Ausweg aus der Heißhungerfalle beginnt schon weit vor deinem eigentlichen Workout. Genauer gesagt schon am Morgen.
Lösung #1: Das Frühstück
Früher war die in Bayern sehr beliebte Butterbrezel neben einem Coffee-To-Go meine Begleiter auf dem Weg ins Büro. Gegen 11 – also noch deutlich vor der Mittagspause – hatte ich dann richtig Hunger und kaufte zum Mittagessen schon viel zu viel ein. Das war schon der erste Vorbote zum späteren Heißhunger.
Heute bevorzuge ich ein ordentliches, weil lang anhaltendes Frühstück. Ein Müsli mit frischen Früchten und meist sogar mit Eiweißpulver gibt es nun bereits zu Hause. Das ist nicht nur nahrhafter, sondern hält auch viel länger vor.
Lösung #2: Kohlenhydrate sind nicht gleich Kohlenhydrate
Das Prinzip mit der Butterbrezel wirkt auch am Mittag. Es gibt zwar prinzipiell keine „schlechten“ Kohlenhydrate, aber es gibt Lebensmittel mit unterschiedlicher glykämischer Last. Je niedriger die glykämische Last, desto „besser“ sind die Kohlenhydrate.
Lebensmittel mit hoher glykämischer Last, wie zum Beispiel Weißmehlprodukte, Süßigkeiten oder Pommes & Co. jagen deinen Blutzuckerspiegel in die Höhe. Und je höher er steigt, desto rapide ist dann kurzer Zeit später der Abfall. Und was dann passiert, habe ich dir bereits beschrieben. Der Zombie in dir steuert ohne Umweg direkt den Kühlschrank an oder plündert dein Süßigkeitenregal.
Ein Beispiel für ein Lebensmittel mit niedriger glykämischer Last ist das Ei, doch dazu später mehr. Auch Gemüse hat einen niedrigen Wert, also greif mittags lieber zum Salat als zum Baguette. Eine Übersicht über die glykämische Last von Lebensmitteln findest du in dieser Tabelle…
Lösung #3: Lebenselixier Wasser
Regelmäßig über den Tag ausreichend zu trinken, ist eine der ersten Dinge, die man im Zusammenhang mit Gesundheit und Abnehmen häufig liest. Und zwar ungesüßte Getränke, wie Wasser oder grüner Tee.
Man sagt, 1,5 bis 2 Liter Wasser sind das Minimum, was man trinken sollte. Für Sportler ist das noch einmal mehr und das gilt auch, wenn du in deinem Job viel sprechen musst.
Ich spüre an solchen Tagen schnell, dass mir die Schleimhäute austrocknen. Passiert das, ist es meist schon zu spät und die Heißhungerattacke ist vorprogrammiert. Abhilfe schafft eine gefüllte Karaffe mit Wasser oder eine Trinkflasche immer in meiner Sichtweite positioniert – ob am Schreibtisch oder im Meeting.
Was essen direkt vor und nach dem Sport?
Habe ich mich tagsüber gut ernährt, ist die Wahrscheinlichkeit von Heißhunger deutlich reduziert. Aber um ehrlich zu sein, gelingt mir das nicht immer und so brauche ich kurzfristige Abhilfe.
Vor dem Training hilft dann die Banane oder ein anderes leicht verdauliches Obst, welches ich 20–30 Minuten vor dem Training esse. Das bringt mich gut durch die Einheit.
Und für direkt danach habe ich aus der Community einen tollen Tipp bekommen – ein Ei! Ein gekochtes Ei ist das absolute Powerfood – es ist lange und auch ungekühlt haltbar, enthält viel wichtiges Protein und kann schnell und überall verzehrt werden.
Natürlich würde auch eine Handvoll Nüsse helfen, aber hier besteht bei mir die Gefahr, dass aus einer Hand viel mehr werden. Da Nüsse viele Fette enthalten, sind sie zudem eine echte Kalorienbombe.
Eine weitere Sache, die ich mittlerweile gerne als Snack konsumiere, sind Protein-Puddings. Diese sind leicht verdaulich und enthalten sowohl Kohlenhydrate als mehr Proteine. So ein Snack hilft mir auch übers Training.
Diese Tipps helfen unserer Community
Ich habe schon eingangs erwähnt, dass die Community auch einige Tipps auf Lager hatte. Ich möchte euch hier noch einmal die besten Tipps für das Verhindern der Heißhungerattacken nach dem Training auflisten:
- Eier in allen Variationen helfen
- Eine Banane direkt nach dem Sport hilft
- Gemüsesticks vorbereiten und vor- oder nach dem Training essen
- Eine Handvoll (!!!) Studentenfutter
- eine Stunde vor dem Training noch eine Kleinigkeit essen oder einen Smoothie trinken
- mittags im Büro einen gesunden Lieferservice bestellen statt irgendwas im Supermarkt kaufen
- Das Mittagessen an Trainingstagen auf den frühen Nachmittag legen, so dass der Abstand zum Training nur noch etwa 3 Stunden beträgt.
- Ein Naturjoghurt mit Haferflocken und Früchten
- Protein-Pudding oder -riegel
- Plane dein Essen – “mealprep” ist das Zauberwort
Grau ist alle Theorie – was zählt ist die Praxis
In der Welt der Ernährung und Fitness gibt es unzählige Ratschläge – von Expertenmeinungen bis hin zu gut gemeinten Tipps aus dem Freundeskreis. Doch wie viele dieser Ratschläge setzen wir tatsächlich in die Tat um?
Sei ehrlich?!
Die Realität zeigt: Während viele theoretisch wissen, was zu tun wäre, sieht die Umsetzung im Alltag häufig anders aus. Und das muss nicht sein. Anstatt dir bloß Theorien und unerreichbare Ideale zu präsentieren, nehme ich dich mit auf eine ganz persönliche Reise: Meine Erfahrungen, meine Experimente, meine Erfolge und Misserfolge. Denn beim Thema Ernährung bin ich, wie viele von euch, immer noch Lernender und nicht selten scheitere ich daran, die Theorie in die Praxis umzusetzen.
Mein Ziel? Zu zeigen, dass es beim Thema Fitness und Ernährung nicht nur auf das Wissen ankommt, sondern vor allem auf die praktische Umsetzung. Denn letztendlich ist es die Praxis, die zählt.
Über den Autor: Torsten Pretzsch
Torsten hat eine Reise vom Couchpotato zu einem engagiertem Lauftrainer hinter sich. Er kennt den Kampf mit dem inneren Schweinehund und nutzt diese Einblicke, um unsere Mitglieder dabei zu unterstützen, ihre eigenen Herausforderungen zu meistern.
Seine Leidenschaft, anderen ein fitteres Leben zu ermöglichen, führte zur Gründung des ausdauerblog im Jahr 2015, aus dem später der ausdauerclub hervorging.
Mit dem ausdauerclub möchte Torsten seine Vision verwirklichen, über 50.000 Menschen dauerhaft zum Laufen zu bringen.
*1) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19073905/